Text: Nathalie Tuor
Bild: Adobe Stock
Datum: 05.09.2024
Die Rente der Invalidenversicherung ist nicht mehr auf Lebzeiten garantiert. Nachdem lange der Grundsatz galt «einmal Rente, immer Rente» wurde mit der 5. IV-Revision der Wechsel von der Invalidenversicherung zur Eingliederungsversicherung eingeleitet. Seither gilt «Rente als Brücke zur Eingliederung», mit dem Ziel, den Rentenbestand zu verkleinern und Leistungsempfänger vermehrt in den Arbeitsmarkt zurückzuführen. Dabei sollen Schutzmassnahmen die Rentenbezüger:innen bei einem Scheitern der Eingliederung vor dem Verlust der Rente bewahren.
Rentenbezüger:innen haben Anspruch auf Massnahmen zur Wiedereingliederung, sofern dadurch die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich verbessert werden kann oder die Massnahmen geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit zu verbessern (Art. 8a IVG). Gelingt die Eingliederung in den Arbeitsmarkt, wird die bisherige Rente herabgesetzt oder aufgehoben. Bestand bisher Anspruch auf eine Rente der Pensionskasse, wird auch diese Rente entsprechend angepasst. Die Invalidenversicherung geht von einer erfolgreichen Eingliederung aus, wenn eine stabile Arbeitsleistung über drei Monate gehalten und damit ein rentenausschliessendes bzw. rentenverminderndes Einkommen erzielt werden kann. Werden die Rente der Invalidenversicherung und der Pensionskasse nach einer erfolgreichen Wiedereingliederung herabgesetzt oder aufgehoben, bleibt die versicherte Person während drei Jahren zu den gleichen Bedingungen bei der leistungspflichtigen Vorsorgeeinrichtung versichert (Art. 26a BVG).
Kommt es nach mehr als drei Monaten Eingliederung und innert maximal drei Jahren wieder zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als 50 Prozent, besteht nach 30 Tagen ein Anspruch auf Übergangsleistungen (Art. 32 IVG). Solange die versicherte Person eine Übergangsleistung bezieht, bleiben auch der Versicherungsschutz und der Leistungsanspruch bei der Pensionskasse aufrechterhalten. In diesem Fall führt die Invalidenversicherung eine weitere Revision durch und legt den Invaliditätsgrad neu fest. Während des Revisionsverfahrens besteht Anspruch auf eine Übergangsleistung in Höhe der ursprünglichen Rente oder, bei Herabsetzung auf eine Teilrente, in Höhe der Differenz zur ursprünglichen Rente (Art. 33 IVG).
Beim Schritt zur Wiedereingliederung ist jedoch Vorsicht geboten. Denn die Schutzmassnahmen sind nur für Rentenbezüger:innen mit vermutetem Eingliederungspotential vorgesehen, bei welchen der Gesundheitszustand keine anspruchswesentliche Änderung erfahren hat (Urteil BGer vom 23.12.2015, 9C_324/2015, E. 5). Ist die Invalidenversicherung der Ansicht, dass nicht nur ein Eingliederungspotenzial besteht, sondern sich der Gesundheitszustand womöglich verbessert hat, kann sie ein Revisionsverfahren einleiten. Im Rahmen des Revisionsverfahrens prüft sie, ob überhaupt noch Anspruch auf eine Rente besteht. Liegt eine wesentliche Verbesserung des Gesundheitszustandes vor, werden die Rente der Invalidenversicherung und der Pensionskasse entsprechend herabgesetzt oder ganz aufgehoben. Im letzteren Fall besteht kein Anspruch auf Wiedereingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung mehr. Ausnahmen gelten nur bei einer Bezugsdauer von über 15 Jahren oder wenn das 55. Altersjahr überschritten wurde. Ehemalige Rentner:innen sind deshalb nach einer revisionsweisen Aufhebung der Rente bei der Wiedereingliederung auf sich selbst gestellt. Die Schutzmassnahmen von Art. 32 IVG (Übergangsleistungen) und die provisorische Weiterversicherung bei der Pensionskasse (Art. 26a BVG) greifen nicht, sollte die Eingliederung innert drei Jahren scheitern. Es bleibt die Möglichkeit einer Neuanmeldung bei der Invalidenversicherung. Dabei muss eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands glaubhaft gemacht werden können.
Der gesetzliche Schutz bei einer Wiedereingliederung hängt entscheidend vom Gesundheitszustand ab. Die Frage, ob bei einer Person lediglich ein Eingliederungspotential besteht oder gleichzeitig auch ein verbesserter Gesundheitszustand vorliegt, ist oft schwierig zu beantworten. Aufgrund der einschneidenden Konsequenzen empfiehlt es sich, die Wiedereingliederungspläne mit der behandelnden Arztperson zu besprechen, bevor die Invalidenversicherung involviert wird. Mit ihr gilt es zu klären, wie sie die gesundheitliche Situation beurteilt und ob eine Wiedereingliederung realistisch ist. Bei Fragen oder Unsicherheiten empfehlen wir, sich mit einer spezialisierten Anwältin oder einem spezialisierten Anwalt in Verbindung zu setzen.
Für eine erste Orientierung finden Sie eine Übersicht in unseren Downloads.
Text: Nathalie Tuor
Bild: Adobe Stock
Datum: 05.09.2024
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